Zeichnen lernen, bedeutet sehen zu lernen. Das Erkennen von Grundformen habe ich in meinem ersten Beitrag dieser Beitragsreihe bereits angesprochen. Doch wie kommt man von den Grundformen zu einer klaren, gut für den Betrachter „lesbaren“ Zeichnung?
Für eine realistische Anmutung einer Figur ist es wichtig, beim Betrachter ein Gefühl von Tiefe zu erzeugen. Ein wichtiges Mittel hierfür sind Überschneidungen. Falsche Überschneidungen können es dem Betrachter schwer machen, die Illusion des Raumes zu sehen. Überschneidungen zeichnen trägt daher zur Klarheit eurer Zeichnung bei.
Inhalt
Wie entstehen Überschneidungen?
Eine Zeichnung ist immer eine zweidimensionale Abbildung eines dreidimensionalen Raumes. Überschneidungen entstehen daher immer bei sich überlagernden Elementen. Auch Verdrehungen von Formen sorgen für Überschneidungen innerhalb eines Objektes oder einer Figur.
Zwischenschritt aus „Sich fallen lassen“ – Zum Entstehungsprozess des Bildes
Überschneidungen zeichnen – Worauf sollte ich achten?
1. Räumlichkeit
Haltet euch immer vor Augen, welches Objekt vor welchem liegt. Überschneidungen sollen dem Beobachter genau darüber Aufschluss geben, sodass kleine Fehler schnell zu seltsamen Effekten führen. Stellt euch daher immer die Frage, welches (Teil-)Objekt liegt vor welchem? Wie ist das Objekt im Raum ausgerichtet?
2. Klarheit
Versucht zu verhindern, dass sich mehr als 2 Linien in eurer Zeichnung überschneiden, vor allem, wenn diese keine direkte, inhaltliche Beziehung zueinander haben. Diese solltet ihr durch eine leichte Verschiebung der Objekte auflösen, um die Klarheit eurer Zeichnung nicht zu gefährden.
Walt Stanchfield, der unter anderem als Lehrer für die Animatoren in den Disney Studios arbeitete, spricht in seinem Buch „Drawn to Life“ hierbei von „Tangenten“, die es zu vermeiden gilt.
Übungen
Analyse 1
Nehmt euch ein beliebiges (gezeichnetes) Bild, z.B. ein Still aus einem Zeichentrickfilm, öffnet es in einem Bearbeitungsprogramm eurer Wahl und sucht die Überschneidungen.
Ziel dieser Übung ist es, euren Blick für Überschneidungen zu schulen.
Analyse 2
Nehmt euch eine alte Zeichnung und kopiert sie euch, überprüft die Überschneidungen – wo gibt es Tangenten? Wo sind Fehler, die eine falsche Tiefenwirkung erzeugen? etc.
Praktische Übung 1
Dieses 3D-Bild habe ich mit Poser generiert. Ladet es euch herunter und öffnet es in einem Zeichenprogramm eurer Wahl oder druckt es euch aus. Wenn ihr digital arbeiten wollt, dann reduziert ein wenig die Deckkraft der Vorlage und legt eine neue Ebene zum Zeichnen darüber. Nun zeichnet ihr nur die Überschneidungen, statt einfach Konturen zu ziehen. Wenn ihr zwischendrin die Vorlage ausblendet, werdet ihr sehen, wie euer Auge die fehlenden Stücke zusammensetzt und das Bild entsteht. An den Überschneidungen selbst, zeichnet ihr die Linien etwas fetter.
Wer analog arbeiten will, kann auf Transparentpapier zeichnen oder mit einem Lichtpad (oder ähnliches) die Vorlage auf dem Zeichenpapier sichtbar machen.
Praktische Übung 2
Nehmt eure alte Zeichnung als Vorlage und führt die Übung mit den Überschneidungen noch einmal durch. Wie verändert sich die Wirkung eurer Zeichnung?
Ich hoffe, dieses kleine Tutorial konnte euch für eure Zeichnungen weiter helfen. Ich freue mich über eure Rückmeldungen und Erfahrungsberichte. Mir persönlich hat diese Erkenntnis und das Verstehen sehr weiter geholfen und bedeutete einen nachhaltigen Schub für die Qualität meiner Zeichnungen.
Danke an Mike und die Online Drawing Class (ODC) für diese Erkenntnisse.
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Hey,
nach deinen netten Anmerkung für mein Bild, musste ich mir natürlich gleich noch deinen Blogpost dazu durchlesen. Ich glaube, er hat mir wieder ein größeres Bewusstsein für ein paar Zeichenprinzipen gegeben, die ich manchmal etwas vernachlässige – also Danke:)
Obwohl die Thematik etwas tricky zu erklären ist, kann man die super folgen. Schön wäre es aber wenn du das Wort Tangente genauer erklärst. Ich weis zwar was du meinst, aber trotzdem muss man sich das selbst etwas zusammen reimen.
liebe Grüße
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