Kinder lieben es zu malen und zu basteln. Und doch ist es schwer, ihnen nicht unseren Stempel aufzudrücken. Ab einem Alter von 3 Jahren beginnen Kinder im Schnitt erste Kopffüßler zu zeichnen. Daraus entwickeln sich dann die Strichmännchen und andere erste figürliche Darstellungen.

So die Theorie in Kurzform. Wie lange habe ich bei unserer Tochter gewartet, dass aus dem Gekritzel mehr wird. Von ihrer TickTick-Oma bekam sie ständig Ausmalbücher, doch wenn überhaupt wurde nur halbherzig ausgemalt. Dafür kritzelte sie Blatt um Blatt voll. Wir versuchten sie zu ermuntern, mal Kreise zu zeichnen, doch so richtig kamen wir nicht voran.

Immer wieder haderte ich mit mir, ob wir ihr Schablonen anbieten sollten. Doch eigentlich wollte ich das nicht. Ich wollte, dass sie frei kreativ werden würde. Den Mut aufbringen würde, selbst etwas aufs Papier zu bringen.

Bei der U-Untersuchung zum 4. Geburtstag sollte sie dann auch zeichnen. Zunächst einen Kreis. Unsere Tochter malte eine leicht unförmige Elipse. Ein Viereck. „Kann ich nicht.“ „Okay, kannst du mal versuchen, die Mama zu zeichnen?“ Ihr Blick huschte kurz zu mir und sie schüttelte den Kopf. „Kann ich auch nicht.“ Der Arzt lenkte ein. „Was kannst du denn für mich malen?“ Und so zeichnete sie ihm eine leicht unförmige Sonne. Das wäre jetzt  alles noch im Rahmen, aber nächstes Jahr müsse das besser werden.

Ich wurde wieder unruhig. Meine Gedanken kreisten um Schablonen und Kinderlichttische mit Abpausvorlagen. Ich suchte etwas heraus und verwarf es am nächsten Tag wieder.

An alle Mamas und Papas, die sich und ihr Kind hier wieder erkennen: Bleibt geduldig und vertraut eurem Kind!

Wie und wann lernt ein Kind zeichnen?

Lasst uns einmal kurz ins Gedächtnis rufen, was wir alles zum Zeichnen brauchen:

  • Feinmotorik der Hände, um den Stift richtig zu halten und Striche auszuführen
  • Übung für gerade Striche – kurz und lang – und runde Formen
  • Sehen und erkennen von einfachen Grundformen – Die Sonne als Kreis, das Haus als Viereck mit einem Dreieck als Dach usw.
  • Koordination von Auge und Hand – wie muss ich den Stift führen, damit auf dem Papier das erscheint, was ich mir vorgestellt habe?

Alles beginnt mit der Kritzelphase. Bereits mit einem Jahr beginnen die ersten einen Stift mit der Faust zu halten und wild über das Papier zu kritzeln. Unserem mittlerweile 19 Monate alten Sohn kann ich die Begeisterung regelrecht ansehen. „Ich bin das! Ich mache die bunten Striche aufs Papier!“

Mit etwas mehr als 12 Monaten begann die Kritzelphase bei unserem Sohn

Besonders praktisch finde ich hier die Woody-Buntstifte von Stabilo (*). Die Stifte gibt es unterschiedlich großen Sets. Uns reicht das einfache Set mit 6 Grundfarben, für ambitioniertere kleine Künstler gibt es bis zu 18 Farben (*). Achtet auf jeden Fall darauf, dass ein Anspitzer dabei ist, denn die Stifte passen in keinen regulären Anspitzer. Bei unserer Tochter hatten wir kleinere Stifte, doch da saß ich auch immer dabei. Die Woody Stifte haben nicht nur eine gute Dicke, sondern sind auch nicht spitz. Das Verletzungsrisiko ist also minimiert. Sie lassen sich von Oberflächen leicht abwischen und aus der Kleidung ging bisher auch alles raus.

Dieses Kritzeln kann – wie wir bei unserer Tochter erlebt haben – eine ganze Weile anhalten. Es lohnt sich also, Schmierpapier bereit zu halten, denn egal wie sehr ihr eure Kinder liebt, ihr wollt diese Bilder nicht alle aufheben. Bei der Tochter habe ich am Anfang noch gehadert und erst später entsorgt. Beim Sohnemann wird direkt nach dem Malen entsorgt. Natürlich so, dass er es nicht sieht.

Im 3. Lebensjahr entwickeln sich aus dem Gekritzel erste runde Formen. Das sieht immer noch sehr wirr aus, denn es dauert, bis da wirklich mal nur ein einzelner Kreis raus kommt.

Im 4. Lebensjahr folgen dann laut Remo Largo, auf Basis der runden Formen, die ersten Kopffüßler. Diese Phase hat unsere Tochter komplett übersprungen.

Dann folgt der Übergang zu Strichmännchen und anderen Formen. Wie schnell sich das Kind nun entwickelt, hängt vor allem von der Intensität ab, mit der es übt. Was dabei geübt wird, ist im Grunde egal. Auch Buchstaben abmalen, trainiert die Hand-Auge-Koordination und Feinmotorik und zahlt somit aufs Zeichnen ein. So wie umgekehrt das Zeichnen auch auf das Schreiben einzahlt.

Wie kann ich mein Kleinkind beim Malen und Zeichnen unterstützen und fördern?

Von klein auf wollen Kinder ihren Beziehungspersonen gefallen. Dinge, denen wir Aufmerksamkeit schenken, werden verstärkt. Dinge, die wir ignorieren, wird das Kind auch mit der Zeit vernachlässigen.

Wollen wir Kinder für Bücher begeistern, müssen wir mit ihnen Bücher anschauen und vorlesen. Wollen wir, dass unsere Kinder gern malen und zeichnen, dann müssen wir uns auch mit ihnen hinsetzen. Manchmal reicht es, sich einfach dazu zu setzen und mit dem Kind zu sprechen. Wer selbst gern zeichnet, darf auch selbst mitzeichnen. Entweder gemeinsam oder jeder auf seinem Blatt. Man kann selbst etwas auf Wunsch des Kindes vorzeichnen und es ausmalen lassen. Oder mit Schnipseln bekleben. Ist das Kind schon weiter, malt das Kind vielleicht und wir malen aus. Natürlich nie ungefragt, sondern immer in Kommunikation mit dem Kind.

Dabei ist es super, verschiedene Materialien gemeinsam zu erkunden. Buntstifte in verschiedenen Farben, Pinsel und Farbe, Fingermalfarben, Stempelfarbe für lustige Fingerabdruck-Tiere, Filzstifte oder auch mal Stifte von Mama ausprobieren. Da schlägt das Kinderherz höher.

Großes Highlight: Malen mit Mamas Alkoholmarkern auf Marker-Papier

Unsere Tochter bekam mit ca 3 1/2 Jahren einen Malkoffer mit Buntstiften und Filzstiften. Dieser liegt unten auf dem Esstisch und ist fast täglich im Einsatz.

Und genau darum geht es in den ersten Jahren. Unsere Aufgabe als Eltern ist es nicht, dem Kind ganz schnell viel beizubringen, sondern die Lust am Lernen zu wecken. Auch Zeichnen muss gelernt werden. Die Feinmotorik muss trainiert werden und auch das Sehen will geübt sein.

Mama, wie zeichnet man … Dem Kind bei ersten figürlichen Darstellungen helfen

Nach dieser U-Untersuchung dauerte es nicht lange, und unsere Tochter begann, Buchstaben nachzumalen. Es folgten erste Strichmännchen, die sie vermehrt zeichnete.

Irgendwann saßen wir am Tisch und sie meinte plötzlich: „Mama, wie zeichnet man denn einen Löwen? Ich will Kovu und Kiara zeichnen!“

Puh, wie geht man da ran? Ich hatte zum Glück schon vor einer Weile ein Buch mit einfachen Zeichnenanleitungen für Kinder gekauft. (Buch: Punkt, Punkt, Komma, Strich – viele Tiere zeichne ich (*)) Dort gab es auch einen Löwen. Ich stellte das Buch mit meinem alten Notenständer auf. Ganz konzentriert beobachtete sie und zeichnete dann, was sie davon brauchte und ergänzte selbst. In dem Buch saß der Löwe nämlich, und sie wollte einen laufenden – oder später auch kämpfenden – Löwen zeichnen.

Am Abend „Kira und Koivu“ und am nächsten Tag zwei kämpfende Löwen (26./27.09.2020)

Es folgten Pferde- und Einhornbilder, die sie mehrfach zeichnete. Fünf Monate später zeichnet sie immer noch Ponys und Einhörner. Laufend, stehend. Weiterhin natürlich stark vereinfacht, doch völlig frei aus dem Kopf in unterschiedlichen Szenarien.

Erste Versuche, ein Pferd bzw. Einhorn zu zeichnen (27.09.2020)

Ich finde, die Bücher waren hier genau das richtige Maß an Informationen für unsere Tochter, um an ihr Ziel zu kommen, ohne sie einzuschränken. Wer also Anregungen sucht, kann sich ein solches Buch zulegen und situativ anbieten. Dem Kind das Buch zum „Abarbeiten“ hinlegen, bringt meiner Meinung nach nichts.

Ein paar Wochen später dann – sie hatte sich mit ihrer älteren Cousine getroffen, die ein Portrait von ihr gezeichnet hatte – meinte sie: „Mama, kannst du mal ganz still sitzen? Ich will ein Portrait malen.“ Sie legte sich den Block auf die Beine und so saßen wir auf dem Boden in ihrem Zimmer. So zeichnete sie erst mich und in den darauf folgenden Tagen auch ihren Papa, den kleinen Bruder und unsere Katze.

Erste Portraitversuche (15.11.2020)

Es folgte ein Familienbild. „Mama, ich hab gezeichnet, wie du und Papa gehochzeitet habt und wir sind auch dabei! Da ist auch das Schloss und Vögel am Himmel.“

Familienbild (25.11.2020)

Mit Perfektionismus umgehen.

Es kam die Adventszeit. Der Weihnachtsmann wurde gezeichnet und auch über den Nikolaus. Am Abend des 3. Dezember, unsere Tochter hatte ich in ihr Zimmer geschickt, um noch den Tisch zu Ende abzuräumen. Mein Mann hatte zwischendrin unser Söhnchen ins Bett gebracht und war auch unten. Plötzlich hörten wir erst ein jammern und dann ein lautes Weinen aus dem Zimmer unserer Tochter. Ich ließ alles stehen und rannte die Treppe hinauf.

In ihrem Zimmer saß unsere Tochter mit Tränen überströmten Gesicht vor ihrem Zeichenblock. „Mama, ich hab versucht einen Nikolausstiefel zu malen und ich kann das einfach nicht.“

Als Erwachsener könnte man nun denken „Och nu, hab dich nicht so. Muss man halt üben.“, doch bei den Kindern sollte man behutsamer vorgehen. Man darf gern betonen, dass man auch viel geübt hat oder Dinge nicht kann usw. Ich habe dann ganz langsam einen einfachen Stiefel gezeichnet und dabei erklärt: „Das ist der Schaft vom Stiefel. Der geht dann am Bein hoch.“ Ich streiche ihr übe die Wade. „Dann kommt die Sohle. Da kannst du dir überlegen, wie lang der Fuß ist.“ Ich streiche ihr über die Fußsohle. „Und nach oben braucht der Fuß auch etwas Platz.“ Ich lege die Hand auf ihren Fuß und zeichne dann den Bogen von der Fußspitze zum Schaft.

Sie macht einen eigenen Versuch. Und während ich raus gehe, zeichnete sie weiter und übte.

Leider hat unsere Tochter oft wenig Geduld mit sich. Üben ist anstrengend und erst, wenn man einen gewissen Stand erreicht hat, beginnt es, Spaß zu machen. Durch dieses Tal sollten wir unsere Kinder begleiten, wenn wir sie fördern wollen.

Dinofamilie (04.12.2020)

Die zeichnerische Entwicklung in der Zeit von September bis Dezember war wirklich rasant bei unserer Tochter. Aktuell merkt man, dass sie ihr Niveau hält. Sie zeichnet gerade ähnliche Dinge und kombiniert eher. Da steht das Pony bei einem Haus oder hinter einem Zaun oder sie erzählt Geschichten zu ihren Bildern.

Ich denke, nun muss sie erstmal eine Weile ihre Fähigkeiten festigen und neue Eindrücke sammeln, ehe ein neuer Sprung kommen kann.

Wie kann ich mein Kind zum Malen und Basteln motivieren?

Wie gut sich ein Kind zum Malen und Basteln motivieren lässt, hängt natürlich stark vom Alter und Charakter des Kindes ab. Je jünger das Kind ist, desto bewusster müssen wir uns darüber werden, welchen Einfluss unser Verhalten auf die Kinder hat. Hier ein paar Tipps:

  1. Sei ein Vorbild

    Du malst und bastelst selbst gern? Super! Zeige das deinen Kindern indem du sie sehen lässt, wie du malst und bastelst.

  2. Aufmerksamkeit schenken

    Dein Kind malt oder bastelt gerade? Interessiere dich für das, was es tut. Sprich mit deinem Kind über das, was es malt.

  3. Positive Bestärkung

    Dein Kind kommt mit einem fertigen Kunstwerk? Egal, was es ist. Freue dich mit ihm. Versuche stärker den Prozess zu loben, als das Ergebnis. Hebe hervor, wenn das Kind etwas Neues probiert hat. Neue Formen, etwas besonders gut ausgemalt hat etc. Versuche jedoch das Bild nicht zu bewerten.

  4. Anregungen bieten

    Schöne Stifte machen Lust auf malen. Tolle Bastelmaterialien wollen verbastelt werden. Manchmal kann auch ein Buch mit kindgerechten Anleitungen zum Nachmachen anregen. Versuche hier auf die Interessen einzugehen. „Pferdemädchen“ werden mit Freude Ponys, Pferde und Einhörner zeichnen.

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Wie unsere Kinder zeichnen lernen

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