Wer Konturen für seine Zeichnungen nutzt, muss sich nicht auf klassische schwarze Konturen beschränken. Wenn ihr analog arbeitet, ist es euch überlassen, ob ihr nun wirklich zu schwarzem Fineliner oder schwarzer Ausziehtusche greift, es beim leichten Bleistiftstrich belasst oder mit farbigen Bunt- und Filzstiften experimentiert.

Ein Problem bleibt analog allerdings immer: Einmal begonnen, gibt es kein Zurück, sondern nur noch einen Neuanfang.

Zum Glück hat man digital die Chance, ein wenig mehr zu experimentieren.

Für das nachfolgende Tutorial habe ich mit Clip Studio Paint Pro (ehemals Manga Studio 5 Ex) von Smith Micro gearbeitet.

Inking in Clip Studio Paint Pro

Aus verschiedenen Gründen bevorzuge ich meistens eher klare Konturen, die ich mit der digitalen Zeichenfeder in Manga Studio zeichne. Damit funktioniert unter anderem die Anti-Overflow-Funktion besser oder auch das Auswahl-Tool, wenn ich größere Flächen einfärben möchte.

Einstellungen des Pens in Clip Studio PaintFür den Pen gibt es verschiedene Einstellungsmöglichkeiten, die das Erscheinungsbild eurer Konturen bereits maßgeblich prägen können. Neben der Pinselgröße (Brush Size) gehören dazu die Deckkraft (Opacity) und das Anti-aliasing.

Grundsätzlich ist es auch möglich, mit weniger als 100% Deckkraft und einem höheren Anti-aliasing zu zeichnen, und erst im Nachhinein die Kontur „hart“ einzustellen.

Hierfür sind die Ebeneneinstellungen sehr hilfreich. Falls ihr das Fenster nicht in eurem aktuellen Workspace seht, könnt ihr es über Window -> Layer Property einblenden lassen.

Layer Property Expression

Es gibt unterschiedliche Einstellungsmöglichkeiten für eine Ebene: Color, Gray und Monochrome. Mit den Effekten kann man darüber hinaus weitere Varianzen erstellen. Die Umstellung einer bestehenden Zeichenebene auf Monochrome führt dazu, dass das Anti-aliasing oder sehr helle Töne verschwinden, da die Zwischentöne nicht abgebildet werden.

Vergleich Color vs. Monochrome

Es kommt also einer Tonwerttrennung in Photoshop recht nahe. Oben sehr ihr den Effekt für die verschiedenen Anti-aliasing Stufen eines Pens.

Grundsätzlich könnt ihr das auch mit Bleistift-Konturen machen. Allerdings kann dabei die Struktur des Striches sehr zerfransen. Stellt es euch so vor, als würdet ihr eure Bleistiftzeichnung ganz oft immer wieder kopieren oder eine Tonwerttrennung in Photoshop machen.

Nachfolgend zwei Beispiele für die Konvertierung eines Bleistiftstrichs in Monochrome:

Pencil in Monochrome Vergleich

Pencil in Monochrome Vergleich

Natürlich kann man sich überlegen, ob man die dabei entstehende Stilistik nicht für sein Bild nutzen möchte.

Konturen mit Ebenenfarbe anpassen

Ebenenfarbe in Layer PropertiesEine weitere Einstellungsmöglichkeit für Ebenen ist das Festlegen einer Ebenenfarbe. Dafür klickt ihr einfach auf das vierte Icon in dem Property Fenster.

Ihr könnt nun entweder auf das kleine Feld neben dem Pfeil klicken und eine Farbe auswählen. Oder ihr klickt einfach auf das Farbfeld, dann wird automatisch die aktuell eingestellte Vordergrundfarbe übergeben, die ihr euch vorab eingestellt habt.

Diese Anpassung funktioniert unabhängig davon, ob es sich um eine Color-, Grayscale- oder Monochrome-Ebene handelt. Auch das darauf verwendete Werkzeug ist egal. Es wird dann einfach alles entsprechend eingefärbt.

Ebenenfarbe am Beispiel einer Kontur

Zusätzlich kann eine „Sub-Color“ definiert werden. Sie normalerweise weiß und spielt vor allem dann eine Rolle, wenn ihr nicht nur eine reine Ink-Ebene einfärben wollt.

Ebenenfarbe am Beispiel einer Kolorationsebene

Konturen selbst färben

Die Ebenenfarbe ermöglicht natürlich nur eine eingeschränkte Farbgebung für die Kontur. Wenn ihr nun wollt, dass die Farbe der Kontur passend zu eurer Koloration variiert, so werdet ihr selbst Hand anlegen müssen. Doch auch das ist weitaus weniger Aufwändig, als es jetzt vielleicht klingt.

Transparenz schützen in Clip Studio PaintWählt dafür in der Ebenenübersicht eure Ebene aus und klickt anschließend auf das Symbol für „Lock Transparent Pixel“. Wenn diese Option aktiviert ist, könnt ihr nicht mehr auf transparente Flächen dieser Ebene malen. Hierbei werden auch Halbtransparenzen geschützt. Es spielt also keine Rolle, mit welchem Werkzeug ihr eure Konturen gezeichnet habt.

Ihr könnt nun einfach die Konturen großzügig in den jeweiligen Farben übermalen und so einfärben, ohne dass eure bisherige Arbeit umsonst gewesen wäre. Auch beim Übermalen ist das Werkzeug natürlich wieder egal. Ob ihr nun einfach Farben analog eurer Koloration wählt oder gar noch Licht und Schatten einfließen lasst – ihr habt es komplett in der Hand.

Bildausschnitt mit farbiger Kontur

In meinen Augen ist das Schöne an den zwei Methoden zum Einfärben bestehender Konturen, dass ihr sie jeder Zeit durchführen könnt. Ihr könnt euch ohne allzu großen Aufwand nach der Koloration noch einmal umentscheiden, ohne noch einmal mühevoll alles nachziehen zu müssen. Wenn ihr eure Kontur-Ebene dann entsprechend kopiert, könnt ihr die verschiedenen Wirkungen sogar direkt einander gegenüber stellen.

Verschiedene Konturen im Vergleich

Konturen durch das Clippen der Ebene einfärben

Nachtrag, 12.06.2016

Als ich gestern auf YouTube verschiedene Clips von anderen Künstlern schaute, um zu sehen, wie sie Manga Studio bzw. Clip Studio Paint zum Kolorieren nutzen, stolperte ich unter anderem über diesen Beitrag von dem professionellen Illustration Brian Allen.

Im Verlaufe seiner Arbeit koloriert auch er sein vorab in neutralem Schwarz gesetztes Inking, nutzt jedoch eine weitere Technik, derer ich mir bisher nicht bewusst war. Man merkt – viele Wege führen zum Ziel.

Clip Studio Paint - Clip at Layer Below_Erzeugt hierfür einfach zusätzlich zu eurer Ink-Ebene eine weitere Ebene, auf der ihr die Farben setzen wollt. Wählt dann im Ebenenfenster die Einstellung „Clip at Layer Below“. Die Ebene erhält zur Markierung dann einen roten Streifen, sodass ihr schnell erkennt, für welche Ebenen ihr das Clipping aktiviert habt.

Wenn ihr nun malt, werdet ihr feststellen, dass nur jene Bereiche sichtbar sind, die auch auf der Ebene direkt darunter bemalt waren. Das Verhalten ist also ähnlich zu den Schnittmasken in Photoshop.

Hier seht ihr vereinfacht die Funktionsweise des Clippings anhand des bekannten Beispiels. Links die Farbebene ohne Clipping, rechts mit aktiviertem Clipping.

Konturen durch Clipping einfärben

Vorteile dieser Technik:

  • Es ist egal, ob ihr ein klassisches Inking oder einen Bleistiftstrich einfärben wollt. Auch Anti-Alias-Einstellungen spielen keine Rolle.
  • Wenn ihr nachträglich eine Anpassung an eurer Kontur vornehmen müsst, tut ihr das einfach auf der Basisebene. Die Farbebene muss danach nicht mehr so fein korrigiert werden.

Ich denke, damit ist diese letzte vorgestellte Technik aktuell mein Favorit, da sie weitaus flexibler einzusetzen ist. Brian Allan arbeitet zur groben Begrenzung der Farbflächen übrigens in seinem Clip noch mit dem Lasso-Auswahlwerkzeug, um harte Farbwechsel einfach umzusetzen.

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Konturen einfach digital variieren (UPDATE)

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